Challenge Completed: From Zero to Hero

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#wecreateemotions. Wie wahr, das hat das Race Around Austria Team tatsächlich geschafft. Lange warteten wir auf einen ganz bestimmten Tag und auf einmal war der Renntag gekommen und innerhalb von 20h und 55min wieder rum. Ich sehe mich heute noch nach dem Rennen komplett erledigt im Bett liegen während ich versuchte nicht einzuschlafen. Emotional war alles dabei: Euphorie, Respekt, Spaß, Schmerz, Tränen, Erleichterung und der Kampf gegen sich selbst. Das Race Around Austria ist kein Rennen gegeneinander, na gut, vielleicht unter den ersten 3, aber neben dem Renngeschehen ist es hauptsächlich ein Kampf gegen sich selbst. Egal ob auf 560k, 1500k oder 2200k – jeder der sein Rennen beendet und auf die Bühne wieder rollt ist ein Sieger. Genau das macht das Race Around Austria so besonders. 

(Entschuldigt bitte die Handy-Fotos und eventuell „miese“ Qualität der Auflösung, aber Leute – ich bin froh, dass es überhaupt ein paar Schnappschüsse gibt! Vergebt uns auch eventuelle Fehler – wir sind einfach zu müde ums nochmal zu lesen) 🙂

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Die Race Around Austria Challenge ist der Einstieg in die Ultra-Rad-Distanz. Für uns war klar, nur richtig mental starke Radfahrer gehen so an ihre Grenzen. Waren wir wirklich dafür geschaffen? Ein Finisher meinte „Die meisten von uns sind Hobbyradsportler, mit einem ganz normalen 40 Stunden Job und wir sind alle Sieger!“ – Diese Aussage unterschreibe ich. 

Jetzt, ein paar Tage nach dem Rennen, können wir nüchtern auf das 24h Rennen zurückblicken. 

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UNSERE RACE AROUND AUSTRIA CHALLENGE 2018

Wir hatten ein Ziel: Das Finish in 24h zu erreichen. Wir wollten nicht gewinnen – dazu hatten wir gefühlt zu wenig Plan / Erfahrung und konnten mit den Zeit-Rennboliden der Gegner nicht mithalten. Es war ein langer Tag bis zu unserem Start um 17:11 Uhr. Wir hatten noch ein paar kleine Erledigungen zu tätigen, wie Flaschen auffüllen, das Auto final einzuräumen & Fotos zu schießen. Wir waren alle sichtlich nervös, am Mittagstisch war es verdächtig ruhig und wir die Anspannung lag in der Luft. Kurz vor Start wollten wir uns nochmal kurz ausruhen, was aber völliger Schwachsinn war, da wir nur noch an das Rennen denken konnten. Kaum lagen wir im Bett sprang Andy auf und rannte durch die Gegend und suchte irgendwas. Im Hintergrund hörte man Klatschen & die Stimme der Moderatoren, die die ersten Teilnehmer bereits ins Rennen schickten. Zu Ruhe kommen war nicht möglich und so warfen wir uns das erste Mal in unsere eigens für das Rennen produzierte Custom Wäsche von Biehler Cycling**. Ganz nach dem Motto „Look pro ride slow“. **(Achtung Werbung – wir sind 2018 im Brand Rider Programm von Biehler).

DER START

Mittwoch, 15.8.2018, 17:11 Uhr. Nach einem kurzen Plausch mit Oliver Andorfer auf der Tribühne rollten wir, begleitet von Ungewissheit, die Startrampe hinunter. Der Puls war hoch, doch wir fühlten uns gut. Nach den ersten Metern sprang ich bereits ins PaceCar und Andy gab Gas. 

Race Around Austria 2018

Race Around Austria 2018 – Bild zeigt: geradeaus.at – Fotograf: Martin Granadia

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Race Around Austria 2018 – Bild zeigt: geradeaus.at – Fotograf: Martin Granadia

„Hallo, Andy?“ – Andy reagierte nicht. „Sag mal Andy, hörst du mich“? Fragte Markussi ins Walkie Talkie. Keine Rückmeldung. Irgendwas stimmte da nicht. Plötzlich hörten wir fremde Stimmen im Walkie – mhm anscheinend hatten wohl mehrere Teams die gleiche Frequenz. Mit nervösem Blick ließ Andy sich nach hinten fallen: „Ich hör euch nicht, die Walkie Talkies funktionieren nicht – lasst uns das Handy nehmen.“ Während des Fahrens schmiss Andy das Walkie Talkie durchs Fenster, steckte das Kopfhörer-Kabel um und wir konnten endlich miteinander kommunizieren.

Das Wetter meinte es unglaublich gut mit uns. Was für traumhafte Temperaturen. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Zum Glück kein Regen mehr. In mir machte sich Erleichterung breit, doch bald hatte Andy seine ersten 15k abgespult und ich wusste, ich musste ran. Das PaceCar rauschte mit mir voraus und ich sprang aus dem Auto. Der erste Wechsel verlief noch recht holprig. Wer durfte zuerst aus dem Auto raus? Andy näherte sich. Wir klatschten ab und ich machte mich auf den Weg. Ein Challenge Teilnehmer nach dem anderen überholte uns, was waren die Jungs auf ihren Zeitfahrern schnell.

Weg vom Walkie hin zum Handy

Die Entscheidung auf das Handy zu wechseln erwies sich nachträglich als vollkommen richtig. So konnten wir nämlich miteinander kommunizieren – wie wichtig das ist wurde uns erst zu diesem Zeitpunkt bewusst. Mit den Walkie Talkies gab es an unserem Ende nur eine Einwegkommunikation – vom PaceCar an den Fahrer. Doch man wollte auch mal zurückmelden, wenn etwas nicht passte und dafür hätten wir dann ein richtiges Headset benötigt. 

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NIGHTMODE – ON

In einem Fingerschnippen brach der Nachtmodus ein. Es war 20:00 Uhr – 100 Kilometer hatten wir bereits gemeinsam abgehakt. Tini überholte ihren ersten Radfahrer und wir bejubelten sie alle aus dem Auto aus. „PRIIIIIIIMA TINI!“ gröllte es von hinten.

Die Stimmung war ausgelassen und wir alberten herum. Andy wurde von einer Horde Fans bergauf so richtig angefeuert. Hupen, Tröten & Trompeten läuteten ihm den Weg. So vergingen auch die nächsten 60 Kilometer wie der Wind, doch dann wurde es irgendwie zach. Es war bereits richtig dunkel. Blickte man in die Ferne, konnte man in der tiefschwarzen Nacht an der Anhöhe orangene Blinklichter erkennen. Jetzt ging es so richtig los mit den ersten knallharten Höhenmetern. „Tini, ein Radfahrer kommt und überholt dich gleich, nicht schrecken.“ Gesagt – Getan. Beinahe alle Business Challenge Teams hatten uns bereits überholt und ich (die Überehrgeizlerin) vergaß, was ich bisher geleistet hatte und sah uns nur noch die Platzierungstabelle hinunterrauschen. 

Tini’s Einbruch in der Dunkelheit

Die andauernden Wechsel, der Abfall des Adrenalins & der Abfall der anfänglichen Euphorie machten uns allen zu schaffen. Unsere Wechsel wurden nachts im Stundentakt durchgeführt, damit jeder etwas zum Verschnaufen kam. Mein Kampf gegen mich selbst hatte bereits begonnen. Durch das viele Schwitzen & die Anstrengung am Rad, versuchte ich mich im Auto zwar immer zu beruhigen, doch zitterte & krampfte teilweise trotz Kuscheldecke. Steffi kümmerte sich mit heißem Tee & Gebäck um mich, doch ich brachte kaum noch etwas hinunter. Kaum saß ich wieder am Rad, wusste ich was ich zu tun hatte, saß ich wieder im Auto, fiel mein Stimmungsbarometer nach unten. 

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Zu wissen, dass ich so am Limit war und uns immer wieder ein neues Auto überholte machte mir tatsächlich sehr zu schaffen. Ich bin ungern die Letzte – auch am Berg komme ich ungern zu Letzt an. Dann wusste ich auch nicht mehr, was ich essen wollte, welches Trinken mir schmeckte oder welche Kleidung mich draußen warm halten würde. Es waren schwierige Stunden im und außerhalb des PaceCars. 

Bergauf war es auch extrem anstrengend. Wir sammelten einige Höhenmeter – immer in abwechselnder Reihenfolge. Teilweise hörte das Betreuerteam unser Schnaufen durch die Kopfhörer im ganzen Auto. Vor allem mein tiefes Atmen bergauf machte Andy im Auto merklich nervös. „Ruhig atmen Tini!“ – „Super Tini“ – „Weiter so Tini“ – „Vorsichtig bergab fahren, Gesundheit geht vor.“ – diese und andere Sätze hörten wir am laufenden Band. Markussi erinnerte uns stets daran, auf uns zu achten und nichts zu riskieren. 

ETWAS SUCHE NACH ABLENKUNG

Zwischenzweitlich hatte ich Markussi’s Stimme gegen eine RAA-Playlist ausgetauscht. Mit Musik gings flott über viele kleine Steigungen. Schaulistige verfolgten die Teams samt Auto und fuhren von Ort zu Ort um Teilnehmer anzufeuern. Was für eine Gaudi. Die Jungs und Mädels trommelten & jubelten wie bei einer Tour de France Etappe. Andy hingegen dachte in „Etappen“ von „Stopp zu Stopp“ – darin lag sein Ziel. So war es für ihn einfacher sich zu motivieren, denn er wusste es ging maximal eine Stunde aufs Rad, um anschließend wieder zu regenerieren. Ablenkung benötigte er kaum, ihm genügte es wenn man mit während der Fahrt kommunizierte.

MEIN MOTIVATOR

Irgendwann kam dann mein totaler Einbruch. Im Ennstal war es um mich geschehen. Die kontinuerlichen 1-2% auf 20 Kilometern raubten mir meinen Verstand. Wortlos radelte ich vor mich hin oder starrte aus dem Fenster. Noch immer lagen 220 Kilometer vor uns. Wie sollten wir das denn bitte schaffen? Es war wieder Zeit zu wechseln, Andy stand vor dem PaceCar und wollte rein. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten und so brachen die Tränen aus mir heraus. Ich umarmte ihn und wollte ihn nicht mehr loslassen. Er sprach mir Mut zu, dass wir das zusammen schaffen würden, so wie immer. Er hatte noch gute Beine und versicherte mir, er würde es auf den Hengstpass schaffen und wenn wir da oben wären, dann wärs nicht mehr weit (zur Info – nur noch 160k).

Ich wischte mir den Rotz aus dem Gesicht und nickte ihm zu. Wortlos stieg ich auf mein Rad, sah noch etwas am Seitenrand hinter einem Baum sitzen und musste lachen. Ich war wieder zurück. Das Pickup hatte mir genug Energie gegeben um weiter durch das Ennstal zu ziehen. Man, das war so zach, ich schwöre, so anstrengend und zach. Doch zum Glück ging gerade die Sonne vor mir auf. Der organgene Lichtball am Himmel strahlte mich an und erwärmte mich in meinem verschwitzten Radgewand.

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Der gefürchtete Hengstpass bei KM 400

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Nun war er also da. Der Pass auf den wir mit Erfurcht warteten. Andy und Berni Weiss (aus dem Team Chase) standen am Fuße der Passstraße. Beide waren wieder motiviert – sie hatten sich gegenseitig immer wieder eingeholt und motiviert weiterzumachen. Jetzt mussten sie alleine nach oben. Andy benötigte für den Anstieg ein paar Mannerschnitten & eine Cola, um genügend Kraft zu haben. Ich feuerte ihn aus dem Auto aus an. Auch Martin Granadia, von 169k.net, erwartete die Radfahrer bereits am Hengstpass. Er schoss ein Foto von meinem kämpfenden Andy an der wohl steilsten Stelle des Passes. Bald hatte er es geschafft. Nassgeschwitzt in seiner Softshell Jacke (die er davor wohl hätte ausziehen sollen) kam er oben an.

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Zur freudigen Überraschung von uns allen grinste uns Andy’s Papa entgegen, der am Hengstpass auf das tapfere Team „geradeaus.at“ gewartet hatte. Ich verspürte so viel Erleichterung in diesem Moment. Ich versuchte mich cool zu verhalten aber wieder waren die Emotionen stärker. Übermannt von Glücksgefühlen rannten mir dicke Tränen über die Wangen. Wieder hielt ich Andy fest in meinen Armen und er mich. Er flüsterte mir ins Ohr, dass wir es jetzt bald geschafft hätten. (Allein wenn ich diese Zeilen schreibe drückt es mir wieder Tränen in die Augen). Was wir alle leisten können, wenn wir so richtig durchbeißen. Ich ziehe meinen Hut vor all den Mädels und Jungs, die sich auf der 2200KM Strecke matchen – und das alleine! Die in 4 Tagen ins Ziel rollen und ganz Österreich umfahren sind. Ihr seid unglaublich.

Bergab bis ins Ziel

Unser Renndirektor Markussi hatte mir die Freigabe gegeben, die Abfahrt zu übernehmen. Was für eine Freude. Ich zog mich warm an uns sauste mit bis zu 70km/h den Hengstpass hinab. Wir mussten jetzt hauptsächlich bergab bzw. flach bis nach Sankt Georgen fahren. Ich wollte das meiste davon übernehmen, damit sich Andy ausruhen konnte. Als ich bei Pinsdorf gerade am Oberrohr meines S-Works lag erblickte ich aus der Ferne ein Rennrad-Pärchen. Einer davon in rot-weiß-rot. NEIN! Das konnte nicht sein! VRONIII – rief ich und nahm die Hand vom Lenker um zu winken. Ich saußte an Lukas und Vroni (Pöstlberger) vorbei. „Geht scho Tiniiii – ZIIIEH!“ brüllte mich Pösti von der Seite an. Ich holte noch mal alles aus mir raus. Gemeinsam begleiteten die beiden mich und Andy bis an den Attersee. Meist hinter dem PaceCar, doch auch dort machten sie sich bemerkbar. Ihr Anfeuerungsrufe übertönten jedes Auto xD

Was gab das noch für einen Motivationsschub auf den letzten Kilometern. Ich konnte es ja gar nicht glauben. Zum Glück hatte ich keine Tränen mehr über, sonst hätte ich für nichts garantieren können! DANKE euch beiden – ihr mögt es vielleicht nicht glauben – aber ihr habt uns extrem motiviert nochmal Gas zu geben. Fühlt euch gedrückt.

FINALE – Oh oh oooh oh

Es war bereits Nachmittag als wir die letzten 10 Kilometer gemeinsam antraten. Wir fuhren gemeinsam. Im Team war das Nebeneinanderfahren als auch das Windschattenfahren ja kein Problem. Andy brauchte mich und ich brauchte ihn, denn der Gegenwind verlangte nochmal einiges an Kraft. Überall waren Familien mit Kindern bei Bushaltestellen untergestellt. Sie riefen, tanzten und schwenkten mit rot-weiß-rot gestreiften Fahnen. Es hatte 28 Grad Außentemperatur und die Leute erwarteten die Rennradfahrer an allen Orten. Du fühlst dich wie ein Held, während du über die Straße fegst. Winkst den Leuten zu, bedankst dich, schenkst den Kindern ein Lächeln oder Klatscht retour. Es ist ein sagenhaftes Gefühl. Dann erblickst du in weiter Ferne das Ziel & deine „Escorte“. Alle jubeln, alle sind ausgelassen und alle einfach nur unendlich glücklich. Wir hatten es geschafft.

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Radsport – vor allem der Ultraradsport – ist eine wahnsinnige Teamleistung. Alleine schaffst du es nicht. Es muss alles funktionieren wie ein kleines Uhrwerk und zum Glück hat es das. Am Popsch des Mopeds ist eine rot-weiß-rote Fahne fixiert. Hinter dieser werden wir bis ins Ziel escortiert. Ich höre wieder Olivers Stimme, der uns in hohen Tönen lobt. In der Zielkurve höre ich plötzlich eine „Schreierei“ und da stehen – meine Mamsch, meine Oma & mein Bruder. Ich habs gar nicht gepackt. Ich rollte auf die Bühne und war überwältigt. Wir werden umarmt, geküsst, mit Preisen gekrönt und dürfen in Sekt duschen. Uns fehlte es wirklich an nichts. Unsere Familien knutschten uns ab und waren überglücklich, so wie auch wir. Das muss man einfach selbst erleben – das kann ich nicht in Worte fassen. #wecreateemotions

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In the End

Am Ende eines solchen Rennens möchte man nur mehr eines – raus aus diesen Schuhen, unter die Dusche und ESSEN! Schlafmangel hat man ja sowieso schon, also wofür hinlegen? Schuhe wegschießen und mampfen. Wir haben sicherlich ein paar Details ausgelassen – haben aber versucht euch die Emotionen so gut wie möglich zu beschreiben. Hier gehts zu unserem Beitrag für Statistik Fans – Details zu Pausenzeiten, Fahrzeiten, Essen/Trinkverbrauch & Kleidungsauswahl. Auch nicht uninteressant – ich sag nur, bei den Pausenzeiten ist noch Luft nach oben^^

Eure Tini & euer Andy